Vollzug des Baugesetzbuches (BauGB) | Bauleitplanung; Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Büro- und Geschäftshaus Höchberg | Winterleitenweg 1" | Würdigung und Abwägung der Stellungnahme aus der Öffentlichkeit, Schreiben vom 10.11.2017


Daten angezeigt aus Sitzung:  Bau- und Umweltausschusssitzung, 09.04.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Umweltausschuss Bau- und Umweltausschusssitzung 09.04.2019 ö 5.8

Sachverhalt

Stellungnahme (teilweise gekürzt):

Zum Artikel in der Mainpost vom 28.10.2017:

In dem o. g. Artikel wird über eine geplante bauliche Nutzung des Flurstücks Winterleitenweg 1 an der Ecke Hauptstraße/Winterleitenweg/Bun-desstraße in Höchberg berichtet, für den ein Bebauungsplan „Büro- und Geschäftshaus Höchberg, Winterleitenweg 1“ entworfen wurde. Hierzu ist folgendes anzumerken:
Wie zumindest dem Gemeinderat und der Gemeindeverwaltung seit der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes in der durch den Altort verlaufenden Hauptstraße bekannt sein dürfte, wird bei großen, wenn auch seltenen Hochwasserereignissen ein Teil dieses vorwiegend aus dem Oberlauf des Kühbachs stammenden Wassers über diese Straße ablaufen. Dieses Wasser wird dann, soweit es nicht daran gehindert wird, breitflächig über das vorgenannte Flurstück Winterleitenweg 1 abgeführt und dann seine Vorflut über die Grundstücke finden, die am Hang der Winterleite liegen.
Wird nun dieses Flurstück Winterleite 1 überbaut, ist davon auszugehen, dass sich dieser Hochwasserabfluss einen anderen Weg suchen muss. Wie dies ohne Nachteil für Dritte ablaufen kann, dürfte in öffentlich-rechtlichen Verfahren, insbesondere auch bei der im Mainpostartikel angesprochenen Aufstellung des Bebauungsplans zu klären sein. Auch eine eventuelle Ergänzung des Überschwemmungsgebietes ist zu überdenken.
Es kann und darf jedenfalls meines Erachtens nicht sein, dass allein optische Gesichtspunkte - wie dies im o. g. Zeitungsartikel zum Ausdruck kommt - das öffentliche Interesse dominiert und Fragen zur öffentlichen Sicherheit verdrängt werden.

(……)

 Ergänzend weise ich auf folgendes hin:

1. Mitte der 90er Jahre wurde im Bereich der durch den Altort Höchberg führenden Hauptstraße ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt. Dies war erforderlich, da die Leistungsfähigkeit des hier unterirdisch ausgebauten Kühbachs auf ein max. 50-jähriges Hochwasser errechnet war, Überschwemmungsbereiche aber aus Gründen der öffentlichen Sicherheit auf ein selteneres Ereignis (100-jährig) auszulegen sind. Da im Altort die Hauptstraße vor der Einmündung in die Bundesstraße jedoch etwas ansteigt, konnte man davon ausgehen, dass der nicht im Bachbett ablaufende Anteil des Hochwassers seine Vorflut breitflächig über das o.g. Flurstück findet und dann über die Grundstücke zwischen der an der Bundesstraße verlaufenden Bebauung und dem Hangfuß unterhalb des Winterleitenweges abläuft.
Dabei sei darauf hingewiesen, dass die angesprochene Leistungsfähigkeit des unter der Hauptstraße verlaufenden Kühbachs nur erreicht wird, wenn für eine ausreichende Einschöpfung am Beginn des Kühbachausbaus gesorgt wird und dies auch während des Hochwasserereignisses sichergestellt ist. Ansonsten wird der über die Hauptstraße ablaufende Hochwasseranteil verstärkt und öfter auftreten.
2. In den 70er Jahren wurde im Gemeinderat diskutiert, inwieweit das in der Hauptstraße ablaufende Hochwasser über die Straßenabläufe dem unterirdisch verlaufenden Kühbachbett zugeführt werden kann, bevor es vor dem leichten Straßenanstieg in Richtung Bundesstraße zum Anstau kommt. Dabei sei darauf hingewiesen, dass bei großen, wenn auch seltenen Hochwasserereignissen in aller Regel vom Wasser Feststoffe (Wie Buschwerk, Äste, Kies und Mutterboden, manchmal auch Fahrzeuge) mitgerissen werden, die sich bevorzugt in Staubereichen ablagern und so zur Verstärkung des Staues beitragen können.
Bei der seinerzeitigen Überprüfung wurde festgestellt: in dem unter der Hauptstraße verlaufenden Bachbett liegt bei großem Hochwasser infolge der dann auftretenden erheblichen Abflussgeschwindigkeiten die Energielinie so hoch, dass keine Chance besteht, über die Straßenabläufe und ähnliches Wasser von der Straße dem Kühbach zuzuführen. Man ging seinerzeit davon aus, das bei solchen Ereignissen auf der Hauptstraße oberirdisch ablaufende Wasser breitflächig über das jetzt überplante Flurstück Winterleitenweg 1 abläuft und dann – wie bereits dargestellt – am Rand des Hangs Winterleite seine Vorflut findet. Dies wurde seinerzeit mit Herrn Knahn erörtert. Es ist anzunehmen, dass die vor wenigen Jahren erfolgte Räumung am Fuße dieses Hanges hiermit im Zusammenhang steht.
3. In dem unter dem Mündungsbereich der Hauptstraße in die Bundesstraße verlaufenden Kühbach können eventuell – insbesondere infolge des Kurvenbereichs – Abflussstörungen auftreten, die zu Rückstau im Kühbachbett führen, wo dieser unter der im Altort verlaufenden Hauptstraße liegt. Dadurch verursachte Entlastungen aus dem Bachbett auf die Hauptstraße verstärken die vorgenannten Probleme, wenn eine breitflächige Entlastung über das vorgenannte Flurstück verhindert wird.
Äußert problematisch wird es, wenn im unter dem Altort verlaufenden Kühbachbett schießender Abfluss herrscht, es bei unzureichendem Luftraum zwischen Wasserspiegel und Betondecke des Baches im Kurvenbereich (Im Schießen nimmt der Abfluss keine Kurve an!) zum Zurückschlagen des Abflussprofils kommt und dort dann der Abfluss in den strömenden Zustand überführt wird. Dadurch entsteht ein wandernder Wechselsprung (Übergang vom schießenden zum strömenden Abfluss), der in den oberhalb liegenden Kontrollschächten zu plötzlichen Entlastungen führt.
4. Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die geplante Bebauung des Flurstücks Winterleitenweg 1 zu Vorflutproblemen führen kann, die einer eingehenden Prüfung bedürfen. Insbesondere dürfet zu untersuchen sein, ob die geplante Bebauung mit den dargestellten Abflüssen vereinbar bzw. ob ein Stau im Ausgangsbereich der im Altort verlaufenden Hauptstraße hinnehmbar ist.
Im Hinblick auf die mit der Klimaänderung zu erwartenden Zunahme insbesondere von Starkniederschlägen sollte die angesprochene und im Prinzip von früheren Gemeinderäten erkannte Problematik nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Da insbesondere die Erfassung der unter Ziffer 3 dargestellten Problematik eingehende hydraulische Kenntnisse voraussetzt, wird empfohlen, das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg einzuschalten. Dies dürfte auch wegen eventueller Änderungen oder Ergänzungen des Überschwemmungsgebietes erforderlich sein. Daher erhält dieses Amt einen Abdruck.

Beschluss

Der Bau- und Umweltausschuss verweist aufgrund der vorgetragenen Bedenken aus der Öffentlichkeit sowie der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg vom 28.02.2018 auf die „Ergänzungsuntersuchung der Hochwasserfreilegung zum Oberflächenabfluss, Tiefbautechnisches Büro Köhl, August 2018“. Diese wurde durchgeführt, um die notwendigen Vorgaben für eine hochwasserangepasste Bauweise des geplanten Gebäudes zu erreichen und insbesondere den  Hochwasserabfluss von der Hauptstraße über das vorhandene Einschöpfbauwerk nicht zu verschlechtern. Unter der ungünstigsten Voraussetzung, dass der Einlauf der Bachverrohrung verklaust ist und der komplette Oberflächenabfluss über die Hauptstraße abfließt, wird mit einem Oberflächenabfluss von 12 m³/s gerechnet. Es ist mit einem Hochwasserstand von 257,97 m üNN, dies entspricht 42 cm über Gelände, zu rechnen. Diese Wassermenge muss von der Hauptstraße ungehindert in das Einschöpfbauwerk auf dem Grundstück Fl. Nr. 1 gelangen können. Hieraus ergeben sich folgende Vorgaben für die geplante Bebauung:

  • Freihaltung einer lichten Höhe von ca. 55 cm zwischen Einlaufrost des Einschöpfbauwerks und der Unterkante des Gebäudes im Bereich entlang der Hauptstraße.
  • Die Gebäudeunterkante darf daher minimal bei 258,14 m üNN liegen, Stützen und Wandscheiben sind nur in geringem Umfang zulässig.
  • Auffüllungen des Geländes sind dort nicht zulässig.
  • Zum Schutz der zukünftigen Bebauung vor Überflutung wird für die Oberkante des Erdgeschossfertigfußbodens sowie für Schwellen von Gebäudeöffnungen (Freibord) eine Mindesthöhe von 258,25 m üNN empfohlen.

Damit werden die wasserwirtschaftlichen Anforderungen berücksichtigt und der Anregung wird Rechnung getragen.
Eine Neuberechnung ist zurzeit noch nicht erforderlich. Die berechnete Hochwasserspiegellage kann für das Bauvorhaben angenommen werden. Das geplante Bürogebäude ist also mit einem Sicherheitszuschlag von 25 cm hochwasserangepasst zu planen. Es ist jedoch darauf zu achten, dass die vorliegenden 12 m³/s auf dem Flurstück nach wie vor schadlos abgeleitet werden. Erst bei weiterführenden Planungen im Kühbachgrund sind ergänzende Planungen und Erweiterung des Überschwemmungsgebietes erforderlich.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Datenstand vom 15.04.2019 11:37 Uhr